Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude
Primärdatenerhebung zur Erfassung der Struktur und der energetischen Qualität des Nichtwohngebäudebestands in Deutschland
(ENOB:dataNWG)
Der Sektor der Nichtwohngebäude (NWG) war im Projekt ENOB:dataNWG zum ersten Mal in Deutschland Gegenstand einer auf Repräsentativität ausgelegten Primärdatenerhebung hinsichtlich seiner strukturellen Eigenschaften, dem Stand und der Dynamik der energetischen Qualität sowie der Entscheidungsprozesse bei Modernisierung. Dabei wurden erstmals Geobasisdaten genutzt, um die Auswahlgrundlage für die Stichprobenerhebung in der bisher unbekannten Grundgesamtheit der Nichtwohngebäude zu schaffen. Mit dem erfolgreichen Abschluss des Projekts ist auch das Feld für ein regelmäßiges Monitoring dieses Sektors bzgl. energie- und klimaschutzpolitischen Ziele bereitet. Und das zu vertretbaren Kosten.
Das Konsortium aus Institut Wohnen und Umwelt (IWU) als Verbundkoordinator, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) und Bergische Universität Wuppertal, Fachbereich Architektur, Fachgebiet Ökonomie des Planens und Bauens (BUW-ÖPB) bearbeitete das Verbundprojekt mit Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das Projekt gliedert sich in die drei Teilprojekte Stichprobenerhebung (IWU), Geodatenanalyse (IÖR) und Screening (BUW-ÖPB).
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Aktueller Stand
Im Rahmen des Arbeitsplans wurden folgende Schritte bereits abgearbeitet:
1. Erstellung der Auswahlgrundlage für die Stichprobenziehung auf Basis einer eigens für das Projekt aufbereiteten Datenbank von georeferenzierten, mit sekundären Merkmalen angereicherten Hausumringen (HU-DE) und 3D-Gebäudedaten (LoD1) (IÖR)
2. Design und Ziehung einer nach Raumordnungsregionen (ROR) geschichteten Stichprobe von 100.000 Hausumringen (IWU)
3. Screening der 100.000 Hausumringe vor Ort: Dabei wurde die Relevanz festgestellt, es wurden Hinweise auf den Eigentümer ermittelt und das Beziehungsgeflecht von Hausumringen und Gebäuden ermittelt. (BUW-ÖPB)
4. Erarbeitung des Fragebogens zu Strukturdaten, Eigentümerstrukturen, Bewirtschaftungsverhalten, Stand und Dynamik des Wärmeschutzes und der Gebäudetechnik von Nichtwohngebäuden. (IWU)
5. Auswertbare Breiteninterviews zu 6.011 Nichtwohngebäuden. (Marktforschungsinstitut IFAK)
6. Tiefeninterviews in 468 Gebäuden mit Erhebungen zum Energieverbrauch und Durchführung vereinfachter Energiebedarfsberechnungen (IWU mit zertifizierten Energieberatern)
Derzeit in Bearbeitung sind:
7. Aufbereitung der Rohdaten aus Screening und Breitenerhebung zu einem Auswertungsdatensatz. Auswertungen und Bericht zur strukturellen Merkmalen sowie zu Stand und Dynamik der energetsichen Beschaffenheit des Bestands der Nichtwohngebäude in Deutschland.
8. Auswertungen zur Attributsicherheit der Geobasisdaten, Hüllflächenberechnungen (IÖR), zu immobilienwirtschaftlichen Kenngrößen (BUW-ÖPB) und zu energetischen Eigenschaften und ihrer derzeitigen Dynamik (IWU) im Bestand der Nichtwohngebäude in Deutschland
Zukünftig sind weitere Anwendungen der Daten vorgesehen:
9. Hochrechnung dee Energiebedarfs auf den Bestand der NWG und Bedarfs-Verbrauchs-Abgleich (IWU)
10. Szenarien zur Entwicklung des Gebäudebestands mit Hinblick auf die energie- und klimaschutzpolitischen Ziele und seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung in Deutschland (IWU)
11. Weiterentwicklung der Methoden der Geoinformatik zur morphologischen Typologie der Nichtwohngebäude (IÖR)
Zum Projektende wird die Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude Politik, Wirtschaft und Wissenschaft für weiterführende Untersuchungen dauerhaft und unter Berücksichtigung von Datenschutzbestimmungen zur Verfügung gestellt.
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Bisherige Datenlage
Die erfolgreiche Steuerung der Energiewende benötigt auch im Gebäudesektor detaillierte Informationen über den energetischen Zustand, die Modernisierungstrends und die Wirk-samkeit der eingesetzten Instrumente. Das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) hat für den Wohngebäudebereich im Projekt Datenerhebung Wohngebäudebestand 2016 bereits zum zweiten Mal erfolgreich gezeigt, dass diese Wissenslücke geschlossen werden kann. Gleiches gilt es auch für den Nichtwohngebäudebereich zu erreichen, dessen Grundgesamtheit im Gegensatz zu den Wohngebäuden nicht einmal in groben Zügen durch die amtliche Statistik beschrieben wird.
In den letzten Jahrzehnten wurde bereits mehrfach der Versuch unternommen, die Wissenslücken zum Umfang, zur Struktur und zum Energiebedarf von Nichtwohngebäuden zu schließen. Quantitative Angaben zum mengen- und flächenmäßigen Bestand wurden dabei jedoch überwiegend für Teilsektoren ermittelt, wobei sowohl sekundärstatistische Analysen als auch vereinzelte, nicht repräsentative Befragungen zum Einsatz kamen. Die methodische Qualität dieser Einzelerhebungen erlaubt jedoch keine erwartungstreue Hochrechnung auf die Gesamtheit aller Nichtwohngebäude in Deutschland.
Das Projekt Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude, Primärdatenerhebung zur Erfassung der Struktur und der energetischen Qualität des Nichtwohngebäudebestands in Deutschland (ENOB:dataNWG) nutzt mit den flächendeckend vorliegenden Geobasisdaten als Auswahlgrundlage für eine Stcihprobenerhebung einen neuen Forschungsansatz. Ziel ist die Beantwortung folgender Forschungsfragen.
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Forschungsfragen
- Wie stellt sich allgemein die Struktur der Nichtwohngebäude dar (räumliche Verteilung, Gebäudekategorien, Bauwerkstypen, Sektoren, Fläche, Dauer von Lebenszyklen, Baualter etc.)? Wie verändert sie sich im Laufe der Zeit?
- Wie stellen sich die wärmetechnische Beschaffenheit der Gebäudehülle und die energetische Qualität der technischen Anlagen bei Nichtwohngebäuden im Bestand dar? Welche energetischen und sonstigen Modernisierungsprozesse laufen mit welcher Geschwindigkeit ab?
- Wie hoch ist der tatsächliche Verbrauch an Brennstoffen und elektrischer Energie im Bestand der Nichtwohngebäude? Wie korreliert dieser mit dem berechneten Bedarf bzw. mit baulichen, technischen und nutzungsbedingten Parametern?
- Welche Rückschlüsse können aus der vergangenen Entwicklung des Nichtwohngebäudebestands und der aktuellen Modernisierungsdynamik auf die Motivation der Akteure bei Investitionsentscheidungen gezogen werden und inwieweit hängen diese Entscheidungen von rechtlichen und volks- wie betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab?
- Welche Möglichkeiten bietet die Geoinformatik in Kombination mit Bildverarbeitung und maschinellem Lernen, um aus deutschlandweit digital vorliegenden, georeferenzierten Gebäudedaten in Gestalt von amtlichen Hausumringen und -koordinaten in Kombination mit anderen Datenquellen Rückschlüsse auf Bestand und Struktur der Nichtwohngebäude in Deutschland zu ziehen?
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Nutzen einer Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude
Als Ergebnis des Verbundprojektes ENOB:dataNWG liegt nun ein einmaliger Datenbestand über Nichtwohngebäude in Deutschland vor, der den erwartungstreuen Rückschluss von einer Nichtwohngebäudestichprobe auf die Verhältnisse der Grundgesamtheit aller Nichtwohngebäude sowie die damit einhergehende Quantifizierung der Ergebnisunsicherheit nach Maßgabe der Stichprobentheorie erlaubt. Dieser Datenbestand wird für immobilienwirtschaftliche, energetische und geoinformatische Analysen genutzt.
Aus immobilienwirtschaftlicher Sicht ist die räumlich differenzierte Untersuchung einzelner Segmente von Nichtwohngebäuden sowie der Alters-, Zustands- und Eigentümerstrukturen von großem Interesse. Im Bereich der gewerblichen Immobilienmärkte (vor allem Büro-, Einzelhandels- und Logistikimmobilienmärkte) kann die Markttransparenz verbessert werden, da auch kleinere Märkte in ihrer Dimension und Struktur erfassbar sind. Sehr interessant sind zudem Untersuchungen zur Ballung von unsanierten Immobilienbeständen sowie zu den Modernisierungs- und Instandsetzungsstrategien von bestimmten Eigentümergruppen.
Die Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude bildet die Grundlage für detaillierte Auswertungen von Strukturdaten wie Anzahl, Fläche, Kompaktheit, Nutzung, Standort etc. und insbesondere zur energetischen Beschaffenheit von Gebäudehülle und technischen Anlagen sowie zu den Modernisierungstrends im deutschen Nichtwohngebäudebestand im Hinblick auf Maßnahmen der Energieeffizienz. Als ein wichtiger Parameter wird die Modernisierungsrate im Gebäudebestand ermittelt. Die Auswertung der umfangreichen Informationen, die in der Tiefenerhebung von bis zu 1.000 Nichtwohngebäuden ermittelt werden, liefern erstmals belastbare Erkenntnisse über den tatsächlichen Energieverbrauch im Nichtwohngebäudebestand und den Zusammenhang mit vereinfachten Berechnungen des Bedarfs.
Ein besonderer Nutzen der verschiedenen Erhebungen besteht darin, die geoinformatischen Methoden und Algorithmen zu evaluieren, mit denen Nichtwohngebäude anhand von Hausumringen identifiziert werden können, die mit zusätzlichen Merkmalen attribuiert sind. Dies ist besonders im Hinblick auf ein regelmäßiges Monitoring und für die Entwicklung effizienterer Verfahren zukünftiger Zensuserhebungen des Gebäudebestands von großer Bedeutung.
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Projektdesign
In ENOB:dataNWG werden klassische Methoden der Stichprobenerhebung mit den neuen Möglichkeiten kombiniert, die sich aus den amtlichen Geobasisdaten wie den georeferen-zierten Hausumringen (HU-DE) und 3D-Gebäudedaten (LoD1) ergeben. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, den Sektor der Nichtwohngebäude statistisch valide und kostengünstig zu erforschen.
Der Rückgriff auf eine deutschlandweite Datenbank amtlicher Hausumringe erscheint als der einzig erfolgversprechende Ansatz, um die Auswahlgrundlage für die Stichprobenziehung mit vertretbarem Aufwand zu generieren. Erhebungseinheiten sind somit Hausum-ringe, die sich jedoch von den eigentlichen Untersuchungseinheiten, den Nichtwohngebäuden, unterscheiden. Aufgrund dessen ist es erforderlich, alle Hausumringe der Datenbank geoinformatisch zu analysieren, mit Merkmalen anzureichern, die mit der Nichtwohngebäudeeigenschaft korrelieren, sowie deren Relevanz in einer begrenzten Anzahl von Fällen anhand von Realdaten zu überprüfen, die als Ergebnis lokaler Erhebungen oder in Gestalt weiterer Gebäudeinformationen aus ALKIS vorliegen. Dadurch ist die Zuspielung einer Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein beliebiger Hausumring ein Nichtwohngebäude ganz oder teilweise überdeckt, im Rahmen eines binär-logistischen Regressionsmodells möglich. Die beschriebene Wahrscheinlichkeitszuspielung erlaubte eine effiziente Stich-probenziehung. Der Stichprobenumfang bezüglich der Hausumringe konnte so gesteuert werden, dass sich in der Stichprobe eine erwartete Zahl von Hausumringen befindet, die Nichtwohngebäude ganz oder teilweise überdecken.
Ob ein Hausumring tatsächlich ein Nichtwohngebäude ganz oder teilweise überdeckt, wurde im Rahmen einer Vor-Ort-Begehung, dem Screening, entschieden, das an 100.000 Orten von Hausumringen durchgeführt wurde. Dabei wurden gleichzeitig einige grundlegende Strukturdaten und Hinweise auf geeignete Auskunftspersonen erhoben. In der zweiten Stufe der Erhebung recherchierte das Marktforschungsinstitut IFAK im Rahmen der Kontaktqualifizierung die Ansprechpersonen und führte mehr als 5.000 ca. halbstündi-ge Interviews durch, um die erforderlichen Gebäudedaten zu erheben. In einer dritten Stufe analysieren Energieberater die energetische Qualität von bis zu 1.000 Gebäuden vertieft, wenn der Eigentümer die Bereitschaft dazu im Interview erklärt hat.
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Ergebnisse
100.000 aufgesuchte Hausumringe , 66.000 identifizierte Nichtwohngebäude, fast 43.000 davon sind relevant für die detaillierte Untersuchung, mehr als 6.000 Befragungen, 468 Begehungen vor Ort – dies sind nur einige Zahlen, die zeigen, was hinter der "Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude" steckt. Dass die Methodik, bei der Geodaten eine zentrale Rolle spielen, tatsächlich funktioniert, ist eines der wesentlichen Ergebnisse des Projekts. Wir stellen dar, wie sich die Geodaten im Realvergleich schlagen und wie ein deutschlandweites Gebäudemonitoring aussehen könnte.
Die Anzahl und Struktur der deutschen Gewerbeimmobilien waren bislang ein dunkler Fleck auf der immobilienwirtschaftlichen Landkarte. ENOB:dataNWG liefert nun erstmals statistisch valide Erkenntnisse dazu. Daraus können sich Konsequenzen für die Bewirtschaftung von Gewerbeimmobilien und eine verbesserte Wertschöpfung aus Immobilien ergeben.
ENOB:dataNWG hat erstmals statistisch belastbare Daten zur Zahl und Fläche von Nichtwohngebäuden in Deutschland ermittelt. Hinzu kommen eine Reihe von Merkmalen wie Gebäudefunktion, Baualter, Eigentümerstruktur, Branche etc. In den Befragungen wurden zudem detaillierte Angaben zur energetischen Beschaffenheit der Gebäudehülle und der Anlagentechnik ermittelt. Daraus lassen sich Kenngrößen zum Stand und zur Dynamik der energetischen Modernisierung ableiten.
Welche energiepolitischen Rahmensetzungen könnten helfen, die Energiewende auch im Bestand der Nichtwohngebäude voranzutreiben? Die Forschungsdatenbank Nichtwohngebäude wird wichtige Grundlagen dafür liefern, auch für diesen Sektor passende Lösun-gen zu finden.
Der gesellschaftliche Nutzen von wissenschaftlichen Datenbeständen ist umso größer, je besser ihre Zugänglichkeit für Dritte ist. Wesentliches Ziel des Forschungsvorhabens ist es daher, nicht nur eigene Auswertungen aus dem Forschungskonsortium zu veröffentlichen, sondern auch eine Datenbank zu schaffen, die Forschungseinrichtungen, interessierten Marktakteuren und politisch Verantwortlichen die Möglichkeit gibt, eigene Fragestellungen anhand der Datenbank zu untersuchen. Die aufbereiteten Daten werden externen Nutzern unter Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben im Wege des Fernrechnens zugänglich gemacht, so wie es heute schon für die Datenerhebung Wohngebäudebestand 2016 möglich ist.